Erhalten und Gestalten – Stadtbild zwischen städtebaulicher Denkmalpflege und Stadtentwicklung
Teil des Verbundprojekts «Denkmal – Werte – Dialog. Historisch-kritische Analyse und systematisch-praktische Konzeption denkmalpflegerischer Leitwerte» in Kooperation mit der TU Dresden, dem Landesdenkmalamt Sachsen-Anhalt und der Bauhaus-Universität Weimar
Städte sind bisweilen als Ganzes schützenswerte Gegenstände und spätestens seit den Zeiten der Heimatschutzbewegung im frühen 20. Jahrhundert auch Thema der Denkmalpflege. Notwendigerweise kommt hier der Begriff der Substanz, der beim einzelnen Kunstwerk und meist auch beim einzelnen Bauwerk einen zentralen Wert der denkmalpflegerischen Praxis bietet, in Konflikt mit den sich stetig wandelnden praktischen Bedürfnissen in einer Stadt. Klassischerweise wird heute die Stadtentwicklung von der Bewahrung einiger Aspekte des historischen Stadtbildes getrennt; für letzteres ist die Denkmalpflege zuständig, für ersteres sind es die Architekten und Stadtplaner. Diese Trennung der Aufgaben zeigt sich auch in der Trennung der Institutionen: einerseits die staatliche Denkmalpflege und andererseits kommunale Bauämter, Gestaltungskommissionen oder Bürgerinitiativen, die im besten Falle aus einem allgemeinen historischen Bewusstsein heraus Denkmalpflege als Erinnerungskultur betreiben. Erleichtert diese Trennung das Hüten eines rechtlich geschützten denkmalpflegerischen Kernbereichs, so bringt sie doch die Denkmalpflege als Ganzes in eine fatale Lage: im öffentlichen Diskurs um die Entwicklung unserer Städte kann sie nur mehr defensiv agieren, wird oftmals für Dinge verantwortlich gemacht, für die sie keine Verantwortung trägt und erhält selten Hilfe durch vermittelnde Gestaltungskommissionen. In diesem Bereich liegt ein großer Handlungsbedarf - und eine auf «schöne Stadtbilder» hinzielende und oftmals rekonstruktionswillige Öffentlichkeit droht hier die Denkmalpflege ins Abseits zu schieben. Dieses Terrain gilt es nicht allein wieder zu erobern, sondern durch die Übersetzung von verschiedenen denkmalpflegerischen Wertepositionen und die Übersetzung von öffentlichen Ansprüchen in denkmalpflegerisch verantwortliche Praxis (und vice versa) überhaupt erst fruchtbar zu machen. Denn die Denkmalpflege erschöpft sich nicht im kategorischen «nein» zu städtebaulichen Projekten, im Gegenteil: Die Entstehung der Denkmalpflege verdankt ganz wesentliche Impulse dem Interesse, bestehende Stadtbilder in historischen Entwicklungsschüben zu bewahren, zu pflegen und angemessen weiter zu entwickeln.
In diesem Teilprojekt sollten vor dem Hintergrund aktueller Diskursprobleme in grundsätzlicher Weise kontroverse Wertvorstellungen historischer Positionen und Methoden analysiert werden. Themen waren u.a. der ‹Heimatschutz um 1900›, ‹Typologie im Traditionalismus um 1930›, ‹städtebauliche Typologie um 1950›, ‹Kontext- und Ensembleschutz um 1965›, ‹Altstadtsanierungen um 1975›. Ziel dieser Untersuchung war, neue, gültige Wertmaßstäbe für aktuelles Handeln zu erarbeiten, d.h., eine verantwortungsbewusste Verbindung von Städtebau und Denkmalpflege herzustellen, die unterschiedlichen Argumentationsweisen zu versuchen, ineinander zu übersetzen.
In der historisch-kritischen und systematischen Untersuchung der Leitwerte, auf denen die aktuelle denkmalpflegerische Praxis basiert, liegt die Anknüpfung an das Verbundprojekt: Es hat sich zum Ziel gesetzt, zum einen die divergierenden Positionen und Wertvorstellungen fachlich zu vermitteln, zum anderen, denkmalpflegerische Werte in die Gesellschaft bzw. rückwirkend in die Praxis übersetzen zu helfen. Die Zeitbedingtheit solcher Werte, ihr Reflex auf gesellschaftliche Veränderungen und ihr zukunftsstiftendes und strukturierendes Potential ist Gegenstand von vier Teilprojekten.
Am Verbundprojekt waren folgende ForscherInnen und Institutionen beteiligt:
Teilprojekt «Kulturlandschaft als Palimpsest - Begreifen disparater Vergangenheiten», Leitung: Prof. Dr. Hans-Rudolf Meier, Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Architektur, Professur Denkmalpflege und Baugeschichte, Bearbeitung: M.A., M.Sc. Dominique Fliegler
Teilprojekt «Zwischen Historie und Historisierung - Theoriediskurse der Denkmalpflege», Leitung: Dr. Ingrid Scheurmann, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn, Abteilungsleitung Dokumentation und Denkmalvermittlung; TU Dresden, Fakultät Architektur, Vertretungsprofessur Denkmalkunde und angewandte Bauforschung, Bearbeitung: Dr. Stephanie Warnke
Teilprojekt «Das Bild vom Denkmal - Vermittlung von Denkmalwerten in der Öffentlichkeit», Leitung: Dr. Ulrike Wendland, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt, Halle/S., Landeskonservatorin, Bearbeitung: Dipl.-Ing., M.Sc. Susanne Thiele
Laufzeit
2009–2012
Leitung Teilprojekt «Erhalten und Gestalten – Stadtbild zwischen städtebaulicher Denkmalpflege und Stadtentwicklung»
Prof. Dr. Wolfgang Sonne
Bearbeitung
Dr. Silke Haps
Fördergeber:
Gefördert im Rahmen der Förderinitiative «Übersetzungsfunktionen der Geisteswissenschaften» des BMBF - Teilbereich Vergegenwärtigung/Kulturelles Gedächtnis